Gedichte und Lieder

Einst waren im Dreieicher Land

Wir als die Hooscheboa bekannt
Un wie’s dazu gekommen is
Des is a wunderbar Geschicht

Die Hooscheboa-Story

En Sprennlenge vor viele Johr
Als unsre Stadt e Dorf noch wor
Do wor es Läwe noch beschaulich
Die Menschen heimisch un vertraulich
Man hat geschwätzt sich net geziert
Un sich geduzt ganz ungeniert

Vom Galjehiwwel bis zur Hub
Egal ob Mädche oder Bub
Vom Berkeeck bis in die Lach
Hatten all die gleiche Sprach

In dieser guten alten Zeit
Da gabs en Sprennlenge zwaa Leit
Des wor die Marie un de Jean
Ein ortsbekanntes Ehepaar
Un beide sprachen sie perfekt
Ihren Heimatdialekt

Besonders war ein Wort bekannt
Das hat man Hooscheboa genannt
Un wie’s dazu gekomme is
Des is e wunderbar Geschicht:

Es war an einem Vormittag
Die Welt noch heil, die Marie sprach
Zu Ihrem Mann, dem liewe Jean
"Jetzt guck dir mol deu Hoosche oa
Die haw isch geschtern erst geflickt

Un jetzt, wo du dich tief gebickt
Do is de Zwickel uffgerisse
Die Hooscheboa sin aach verschlisse
Mach dich gleich fort un kaaf dir neie
Wir misse moije uff e Feier"

Der Jean fuhr auch gleich in die Stadt
Wo man schöne Hosen hat
Er ging in einen Laden rin           
Un schon kam die Verkäuferin |

"Grüß Gott, mein Herr, was darfs denn sein
Vielleicht ein Anzug schick und fein?"
"Ich brauch poor Hoosche, ohne Rock"
"Dann gehn sie mal in ersten Stock"

Dort empfing ihn eine Dame
Sie stellt sich vor und nennt ihrn Namen
"Ich bin die Frau von Falkensee"
"Un isch der Jean von Sprennlenge"

"Oh, auch von Adel, angenehm
Ich hab es ihnen angesehn
Nun sagen sie, mein edler Herr
Was ist denn bitte ihr Begehr?"

"Isch brauch poor Hoosche, net so kloa
Met zwaa scheene Hooscheboa"
"Das ist Französisch, oh mein Herr
Ich hole einen Dolmetscher"

"Ach, liewe Fraa, laß das nur sein
Auf Hochdeutsch heißt das Hosenbein
Un die Hoosche, die isch brauch
Die misse völlisch seu am Bauch
Sie misse bequem seu, auch beim Bicke
Derfe net spanne un net zwicke"

"Da sehn sie mal, am Ständer hängen
Schöne Hosen, alle Längen
Die können sie gerne mal ansehn
Es sind gute Hosen, recht bequem"

Der Jean der guckt und sieht den Preis
Er wird mal blass und wird mal bleich
Er sucht, er fühlt, tut anprobiern
Und sagt dann zur Verkäuferin:

"Isch hab was Passendes gefunne
Nur die Hooscheboa, do unne
Die derfte etwas kerzer seu
Ansonsten komm ich gut eneu"

Die Hosen waren schnell gekürzt
Der Jean, der hat den Preis verschmerzt
Nun hat er Hosen neu und schön
Und kann zu seiner Feier gehn

Im Geschäft, die beiden Damen
erzählten allen Leuten, die da kamen
Die Geschichte von dem Jean
Von Sprennlenge un Hooscheboa

So wurden wir im ganzen Land
Als die Hooscheboa bekannt
Und so wie einst der brave Mann
Bei uns man heit noch schwätze kann

Die Hosen nennt man Hoosche
Die Beine heißen Boa
Die Beine an den Hosen
Des sin die Hooscheboa

Auf Hochdeutsch heißt es Hosenbein
Ach, was e schrecklich Wort
Wir sache oafach Hooscheboa
Bei uns dehoam em Ort

Des Wort vergeht uns uff de Zung
Un bleibt uns in Erinnerung!

Gustav Leonhardt
Jg. 1922