Die Grott em Bembel
Es wor verm erschte Weltkrieg. Am ronde Disch bei de
Herrnbrods Gretche setzt die Stammdischgesellschaft Schnabs-
backe wie gewehnlich beim Ebbelwoi. Do isses emmer lustig
zugange on am dem Owend hot de Rodschilds Filipp, der na-
deerlich aach debei wor, met seine Lombestraach de Vogel
abgeschosse. Geht der Glowe enaus on fend em Hof e
richtiggehend Grott. Die hot er en sein Seckel gesteckt on
met erenn gebroocht. Enneme bassende Aagebleck hot er se
en de Bembel geworfe. Kan Deiwel hot ebbes gemerkt do
devo. Sie honn gesuffe on gesonge, daß es nor so a Frad
wor, bis de Bembel uff em Stumbe gelaafe is. Do hot beim
zwettletschte Schoppe die Grott met ehrne große Aage ganz
verwonnerd aus em donkle Bembelloch erausgeguckt, die
Verrebah noch vorn gespreizt, es Maul alle Aagebleck
uffgesperrt on noch Luft geschnabbt. De Ebbelwoi hot er
scheinbar net gut bekomme. Do geng bei manche e mords
Gelächter los. De Enschenker hot des nadeerlich net ge-
merkt. Er hot de Bembel noch hejer gehowe, daß de Rest
eraus komme dut. Blotsch, hots gemaacht, do leiht die Grott
em Schobbeglas. De aale Lufte Jakob hot se en sam Glas
gehat. De Disch ho sich geboge ver laurer Lache. Awer der
Jakob wor ganz uffgebroocht on hot sofort de Rodschild em
Vedacht gehot. Er wor ganz ausscheerig on wollt de Filipp
dresche. Es hot sich awer alles wirrer en Wohlgefalle uff-
geleest. De Filipp mußt es Grotteglas en ahm Zug aus-
drenke on en neie Bembel bezohle. So wor de Stammdisch-
freere wirrer hergestellt.
 
Quelle: „Aus unserer Heimat“ – Beilage Nr. 1 Sprendlinger Stadtanzeiger / Dreieichbote / Dietzenbacher Wochenblatt, August 1949
Aus dem Nachlass von Lehrer Heinrich Schmidt (1947 verstorben)
    
 
In Hochdeutsch:
Die Kröte im Bembel
Es war vor dem ersten Weltkrieg. Am runden Tisch bei
Gretchen Herrnbrod sitzt die Stammtischgesellschaft „Schnaps-
backe“ wie gewöhnlich beim Ebbelwoi. Da ist es immer lustig
zugegangen und an dem Abend hat der Philipp Rothschild, der na-
türlich auch dabei war, mit seinem Lumpenstreich den Vogel
abgeschossen. Geht der Pfeifenkopf hinaus und findet im Hof eine
richtiggehende Kröte. Die hat er in seine Hosentasche gesteckt und
mit herein gebracht. In einem passenden Augenblick hat er sie
in den Bembel geworfen. Kein Teufel hat etwas gemerkt davon.
Sie haben gesoffen und gesungen, dass es nur so eine Freude
war, bis der Bembel fast leer war. Da hat beim
zweitletzten Schoppen die Kröte mit ihren großen Augen ganz
verwundert aus dem dunklen Bembelloch herausgeguckt, die
Vorderbeine nach vorn gespreizt, das Maul alle Augenblicke
aufgesperrt und nach Luft geschnappt. Der Ebbelwoi ist ihr
scheinbar nicht gut bekommen. Da ging bei manchen ein mords
Gelächter los. Der Einschenker hat das natürlich nicht ge-
merkt. Er hat den Bembel noch höher gehoben, dass der Rest
heraus kommt. Platsch, hat‘s gemacht, da liegt die Kröte
im Schoppenglas. Der alte Jakob Luft hat sie in seinem Glas
gehabt. Der Tisch hat sich gebogen vor lauter Lachen. Aber der
Jakob war ganz aufgebracht und hat sofort den Rothschild im
Verdacht gehabt. Er war ganz wütend und wollte den Philipp
verhauen. Es hat sich aber alles wieder in Wohlgefallen auf-
gelöst. Der Philipp musste das Krötenglas in einem Zug aus-
trinken und einen neuen Bembel bezahlen. So war der Stammtisch-
friede wieder hergestellt.
 
Quelle: „Aus unserer Heimat“ – Beilage Nr. 1 Sprendlinger Stadtanzeiger / Dreieichbote / Dietzenbacher Wochenblatt, August 1949
Aus dem Nachlass von Lehrer Heinrich Schmidt (1947 verstorben)