Die
Landgrafen von Hessen-Darmstadt hatten von alters her das Einsetzrecht
der Pfarrer in Sprendlingen, das zur Ysenburger Herrschaft
gehörte. Der Landgraf Philipp von Hessen war schon früh
Anhänger der Lehre Martin Luthers. Er setzte 1527 Erasmus Alberus,
einen Freund und Schüler des großen Reformators Luther, als
Pfarrer in Sprendlingen ein. Er musste auch in der Sprendlinger
Filialkirche in Götzenhain predigen. Auf dem Weg dorthin wurde er
von dem katholischen Pfarrer auf das heftigste beschimpft. Über
diese Grobheiten beklagte er sich mehrmals schriftlich bei seinem
Ysenburger Landesherrn. 1549 wurde auch in Dreieichenhain die
Lutherische Lehre eingeführt. Die Streitereien fanden damit ein
Ende.
Aber bald taten sich neue Auseinandersetzungen auf. Der Ysenburger Graf
Wolfgang Ernst I. wendete sich schon früh der von Calvin
geprägten reformierten Glaubensrichtung zu. Diese war in heftigen
Gegensatz zur ursprünglichen lutherischen Reformationsbewegung
geraten. Der Ysenburger Graf verlangte nun von seinen
Untertanen, dem Luthertum „abzuschwören“. Der von den
lutherischen Hessen-Darmstädtischen Landgrafen eingesetzte
Sprendlinger Pfarrer Christoph Hellwig verweigerte sich jedoch dieser
Anordnung. Im August 1590 wurde Hellwig sogar gefangen genommen und in
ein Offenbacher Gefängnis gesteckt. Als Gegenreaktion
erstürmten Darmstädter Soldaten Dreieichenhain und
entführten den Ysenburger Amtmann in die Residenzstadt. Nach
einigem Hin und Her wurden beide Gefangenen im Austausch freigelassen.
Der Streit war aber damit lange noch nicht beendet.
Die Ysenburger verboten ihren Untertanen, den lutherischen Gottesdienst
zu besuchen und Grafen ließen die Türen der Sprendlinger
Kirche zunageln. Die Glocken durften nicht geläutet werden und der
Pfarrer predigte vor leeren Bänken. Dennoch blieben die
Sprendlinger der lutherischen Lehre treu. Sie besuchten fortan die
Gottesdienste in Langen und Dietzenbach. Erst 1629, nach 33 Jahren,
wurde das Verbot aufgehoben. In diesem Kriegsjahr kam die Landschaft
Dreieich durch eine kaiserliche Entscheidung vorübergehend zu
Hessen-Darmstadt. Erst 1711 beendete ein Vertrag zwischen beiden
Herrschhaftshäusern die kirchlichen Auseinandersetzungen. 1716
konnte dann mit dem Bau der neuen Sprendlinger evangelischen Kirche,
der heutigen Erasmus-Alberus-Kirche, begonnen werden.
Text:
Wilhelm Ott, Sprecherin: Kim Bagus, Intro: Ulrich Fogel