DreyEicher Grenzweg

DreyEicher Grenzweg

Stein No 32

Das Waldgebiet Birmen

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Dieser Stein No 32 fällt aus der Reihe. Er besitzt einen flachen Kopf, vorne ist er mit „GH 32“ und auf der Rückseite mit „I 32“ beschriftet. Die anderen Seiten tragen keine Inschrift. Das „I“ anstelle des „Y“ deutet darauf hin, dass der Stein später als seine Nachbarsteine gesetzt wurde. Wann genau, wissen wir nicht, wahrscheinlich nach 1806, als das Fürstentum sich endgültig mit I statt mit Y schrieb. Wäre der Stein nach 1816 hier aufgestellt worden, wäre er kein Territorialstein mehr, der eine Staatsgrenze markierte, sondern nur noch ein Gemarkungsstein zwischen den privaten Waldgemarkungen des fürstlich isenburgischen Forstes Dreieich und dem großherzoglich hessischen Forst Mitteldick. Denn 1816 verlor das Fürstentum Isenburg seine Souveränität an das Großherzogtum Hessen.

Auf alten Karten wird das ysenburgische Gebiet nordwestlich dieses Grenzwegs, des Isenburger Wegs „Birmen“ genannt. Es bezeichnete einen Waldsee. Sein Name ist wohl von einem alten, freistehenden Holzbirnbaum abgeleitet. Die Früchte der „Birmen“, einer Urform unserer heutigen kultivierten Birnbäume, waren für das Wild und auch für die Waldviehwirtschaft eine begehrte Nahrungsquelle.

Um 1700 genehmigte Graf Johann Philipp an der Gehspitz die Einrichtung eines Wirtshauses und wenig später den Bau einer Ziegelei. Im Birmen wurde für die Ziegelherstellung ein Ton-Sandgemisch - mit der alten Bezeichnung Letten - gewonnen. Der Letten lag recht oberflächennah. Man erkennt vom Isenburger Weg aus eine 3-5 Meter tiefe Senke, die mit Bäumen bewachsen ist. Hier wurde jahrzehntelang der Grundstoff für die Ziegelherstellung abgebaut. Und es ist beruhigend zu sehen, wie die Natur – mit menschlicher Nachhilfe – sich wieder erholt.

Die frühe Geschichte der Ziegelei an der Gehspitz war ein wirtschaftliches Auf und Ab, bis die Firma Holzmann 1872 den Betrieb übernahm und in industriellem Maßstab Dach- und Mauerziegel herstellte. Entlang des Isenburger Wegs wurden Gleise für eine Lorenbahn verlegt, um den Letten zur Gehspitz zu transportieren. Dabei ging wahrscheinlich eine Reihe der historischen Grenzsteine verloren.

Unterhalb der Lettenschicht stieß man auf Sand und Kies. Die Firma Holzmann baute diese Baustoffe großflächig und in immer größerer Tiefe nach Nordosten hin ab, bis die Förderung um 1960 eingestellt wurde. Zurück blieb ein Badesee, der langsam verlandete und sich zu einem geschützten Refugium für Vögel und andere Tier- und Pflanzenarten entwickelte.

Kleinere Relikte einer weiteren Lettkaute kann man zwischen der Meisenschneise und der Main-Neckar-Bahn finden. Dort gibt es als Hinterlassenschaft einen naturnahen Teich und wildzerklüftete Bodenformationen aus der Abbauzeit.


Text: Wilhelm Ott, Sprecherin: Kim Bagus, Intro: Ulrich Fogel

Literatur: H. Fogel, Neu-Isenburger Geschichtsbuch, 2016,  K. Nahrgang, die Flur-, Wald- und Wegnamen der Urmark Sprendlingen

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