DreyEicher Grenzweg

DreyEicher Grenzweg

Stein No 28

Streitereien um das welsche Dorf

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1699 bot Graf Johann Philipp zu Ysenburg und Büdingen hugenottischen Flüchtlingen in bewaldeter Umgebung und dicht an der Grenze zu Frankfurt einen Platz zum Siedeln an. Damit war Ärger mit den Nachbarn programmiert. Damals diente der Wald als Lebensgrundlage für viele Menschen. Sie brauchten ihn, um Brennholz zu sammeln, um Bauholz zu schlagen oder um Laubstreu zu nutzen. Vor allem aber trieben die Bauern ihre Kühe, Schweine und Ziegen in den Wald, um sie zu mästen. Dabei fraßen die Tiere die jungen Baumschösslinge ab, so dass sich der Wald kaum regenerieren konnte. Er befand sich daher auch in der Umgebung der neuen Siedlung in einem schlechten Zustand.

Die Einwohner der Dörfer in der Dreieich hatten historische Rechte auf die Nutzung des Waldes, die sie energisch verteidigten. Diese Rechte bezogen sich auch auf entferntere Gebiete. So durften beispielsweise die Landgräflich Hessen-Darmstädtischen Bauern aus Langen und Egelsbach ihr Hornvieh über die Grenze in die Ysenburgischen Wälder treiben.

Für den Bau des hugenottischen Dorfes, das bald den Namen Neu-Isenburg tragen sollte, musste Wald gerodet wurde. Weiterhin wurden den Neusiedlern Wiesen zugesprochen, die bis dahin die Sprendlinger nutzten. Die Einschränkungen der Weiderechte für die Neu-Isenburger Nachbarn führten 1701 zu handfesten Auseinandersetzungen: Langener und Egelsbacher Bauern trieben ihre Kühe über die frisch angelegten Felder der Neusiedler, die sich mit „Flinten, Spießen, Wurzelknüppeln und Steinen“ wehrten. Die Sprendlinger begegneten den Hugenotten ebenfalls mit offener Feindschaft.

Auch der Rat der Stadt Frankfurt wehrte sich gegen die Neuansiedlung. 1702 bauten die Frankfurter dicht an ihrer Grenze zum Ysenburgischen ein Forsthaus, das heutige Frankfurter Haus. Dort wollten sie das Geschehen auf der anderen Grenzseite überwachen. Zunächst erlaubte der Frankfurter Rat den mäßigen Gebrauch des Stadtwaldes, unter der Bedingung, dass die Neuankömmlinge die Zahl ihrer Kühe auf 60 Tiere begrenzten. Die Hugenotten konnten jedoch mit dieser Beschränkung nicht überleben. Deshalb sollen sie bis zu 400 Rinder in den Stadtwald getrieben haben. Der Frankfurter Rat klagte 1718 gegen den Missbrauch vor dem kaiserlichen Gericht. Erst 1731 kann es zu einem Urteil: Die Siedler durften von nun an ihr Vieh gar nicht mehr in den Stadtwald treiben. Das wiederum führte dazu, dass die Sprendlinger in große Bedrängnis gerieten, denn sie mussten das Vieh der Neu-Isenburger nun in ihrem Wald weiden lasssen.

Graf Wolfgang Ernst, der Nachfolger von Johann Philipp, dem Stadtgründer Neu-Isenburgs, bezeichnete die Ansiedlung der Hugenotten sogar als großen Fehler: Der magere Boden konnte die Siedler kaum ernähren, die ansässigen Untertanen wurden in ihrem Auskommen beeinträchtigt und die erhofften zusätzlichen Einnahmen für die Grafschaft blieben aus. Das Vorhaben zur Errichtung einer bäuerlichen Siedlung war gescheitert. Erst der Wandel zu einem Handwerkerdorf im Laufe des 18. und die im späten 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung legten den Grundstein für das heute prosperierende Neu-Isenburg.


Text: Wilhelm Ott, Sprecherin: Kim Bagus, Intro: Ulrich Fogel

Literatur: H. Floch, Aus den Anfängen der Kolonie Neu-Isenburg, Landschaft Dreieich, 1936
F. Illert, Geschichte der Colonie und Stadt Neu-Isenburg bei Frankfurt am Main, 1899

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