Anmerkungen zu alternativen Bezeichnungen des Borns an der Brunnenschneise im Hainer Bürgerwald

1. Der Born wird im Dreieichenhainer Volksmund "Hinnerbörnche" genannt. Es liegt nahe, dass dies "Hinteres Börnchen" bedeutet.

2. Der Born wird im Sprendlinger Volksmund auch "Hainer Börnche" bzw. "Haaner Börnche genannt. Dies ist korrekt, da sich der Born in der Dreieichenhainer Gemarkung befindet. Es ist möglicherweise auch eine Verballhornung von "Hinnerbörnchen".

3. Die Quelle wird manchmal auch "Hunnenborn" genannt. Allerdings ist in den zugänglichen Archiven nie von "Hunnenborn" die Rede. Auch in amtlichen Karten ist er nicht als solcher bezeichnet. Nahrgang nennt in seinem Flur-, Wald- und Wegeverzeichnis den Hunnenborn (S. 98): "Gefaßte Quelle im Bürgerwald an der Brunnenschneise. Vielleicht von mhd. unde = Ruf abgeleitet, wahrscheinlich aber der "hintere" Born."

4. Nahrgang gebrauchte auch in der erwähnten Publikation den Begriff "Hunneborn" (S. 105). Dies ist möglicherweise ein Setzfehler.

5. Im "Erzähler aus der Landschaft Dreieich" aus dem Langener Wochenblatt Nr. 19, 1882 S. 44 wird von einem "Hünnenbörnchen" im Hainerwald berichtet.

6. Im "DreieichPlan" des Reco Verlags (um 2005) wird der Born als "Hunnenbrunnen" bezeichnet. Der Begriff "Brunnen" bezieht sich eher als eine Anlage zur Gewinnung von Grundwasser. Er passt nicht zu unseren sprudelnden Born. In der Nähe des Borns wurde eine Anwohnerstraße mit "Am Hunnenbrunnen" benannt. Im Bauamt oder im Archiv der Stadt Dreieich konnte nichts über die Hintergründe der 1992 erfolgten Benennung dieser Straße gefunden werden. Ein bekannter Dreieichenhainer Heimatforscher protestierte damals vergeblich gegen diese unhistorische Namensgebung.

7. Im Jahr 1547 hat Erasmus Alberus in einem auf Latein verfassten Brief die Quellen der Dreieich mit denen des antiken Griechenlandes verglichen. Er schreibt dort über den "fons Hinnuli". Wörtlich übersetzt heißt das "Quelle des jungen Maultiers".

8. Heinz Lenhardt schrieb in "Die Quellen der Dreieich nach Erasmus Alberus, Berichte der freiwillig-tätigen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Heimatforschung 1930, S. 259": "Der Hindborn heißt im Volksmund "Hinnerbörnche", was man mit "hinterer Born" erklärte. Die amtliche Sprache nennt ihn "Hunnenborn". Ich halte den Namen "Hindborn" für den richtigen, vermutlich ließ zu Alberus Zeit die mundartliche Form den alten Sinn noch deutlicher erkennen".

9. Ein kenntnisreicher Haaner erklärte, dass der Brunnen in Dreieichenhain eigentlich "Hennebernche" und nicht "Hinnerbörnche" genannt wird.

Diskussion
Man kann mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Born nichts mit den "Hunnen" zu tun hat. Offensichtlich hat man die  Örtlichkeiten der Siegfried-Sage hierher verlegen wollen. Möglicherweise ist dies eine Ableitung von "Hennebernche".
Es ist anzunehmen, dass Alberus kein junges Maultier (hinnulus) im Sinn hatte, als es vom fons Hinnuli schrieb. Er hat wahrscheinlich "Hinterer Born" lautmalerisch translatiert. Erstaunlich ist die Rückübersetzung von fons Hinnuli durch Lenhard mit Hindborn, ein Begriff der nur noch bei Nahrgang in der oben zitierten Literatur auftaucht. Es ist nicht klar, ob das Lenhard'sche Hind "Hirschkuh" bedeuten soll. Letzteres wäre eine falsche Übersetzung (Hirschkuh = cerva). Im Mittelhochdeutschen wird Hirschkuh mit Hinde bezeichnet. Eine logische Erklärung ist, dass Lenhard fons Hinnuli ebenso lautmalerisch mit Hindborn im Sinne von Hinter-Born rückübersetzt hat.

Fazit
Der Begriff Hunnenborn oder Hunnenbrunnen ist historisch sicherlich kaum zu rechtfertigen. Der schöne Name Hindborn wurde wahrscheinlich von Lenhard geprägt und hat sich im Sprachgebrauch nicht durchgesetzt. Das "Haaner Börnchen" muss als sekundäre Ableitung bezeichnet werden. Es bleibt als Bezeichnung das mundartliche "Hennebernche" bzw. das "Hinnerbörnche" und der damit korrespondierende hochdeutsche Begriff "Hinterborn".

Interessant sind die Vokalvariationen in den verschiedenen Versionen des Namens: Hi-, He-, Ha- und Hu-.